Früher klang Low Carb für mich nach Zauberformel. Auf Kohlenhydrate verzichten – das macht doch jeder, der etwas auf sich hält, oder? Zumindest am Abend. Heutzutage weiß ich: Vieles davon ist Bullshit. Und es herrscht so, so viel Unwissen darüber und es werden so absurde Theorien verbreitet, dass ich jetzt auch darüber schreiben möchte.
Nicht, dass ich als Einzige die Wahrheit über Kohlenhydrate kenne – aber es gibt ein paar Fakten, bei denen sich Ernährungswissenschaftler einig sind. Und die in Diät-Ratgebern und „5 Kilo in 5 Tagen weg“-Artikeln leider oft verschwiegen werden.
Was sind Kohlenhydrate?
Kohlenhydrate zählen zu den Makronährstoffen, den „kalorischen Nährstoffen“ – mit dabei sind noch Fette und Proteine. Sie werden unterteilt in Monosaccharide (Einfachzucker), Oligosaccharide (Mehrfachzucker) und Polysaccharide (Vielfachzucker) – und der Begriff Zucker sollte uns hier nicht abschrecken. Denn so viel ich vom Verzicht auf Industriezucker halte: Um den geht es hier nicht. Sondern um Saccharide, die als Nährstoffe für den Körper eine große Bedeutung haben (mehr dazu im nächsten Abschnitt).
Was wir uns merken können: Unser Körper kann nur Monosaccharide (also einfache Moleküle) aufnehmen. Bei den anderen beiden Gruppen müssen die Molekülketten erst in ihre Einzelteile aufgespalten werden – deshalb gehen sie langsamer ins Blut. Und deshalb sind die oft als „komplexen Kohlenhydrate“ bezeichneten Varianten besser für uns.
Wofür braucht unser Körper Kohlenhydrate?
In erster Linie liefern sie uns Energie. Wer auf Kohlenhydrate verzichten will, muss also damit rechnen, dass irgendwann auch die Energie ausbleibt.
Was Kohlenhydrate noch im Körper leisten:
- Sie sind Teil unserer DNA
- Gleichzeitig sind sie essentiell für den Aufbau von Zellwänden
- Sie werden in Bindegewebe, Knochen und Knorpel gebraucht
- Gehirnzellen nutzen fast nur Glukose (die als Einfachzucker zu den Kohlenhydraten zählt) zur Energiegewinnung
- Außerdem sind sie Bestandteil von wichtigen Schleimstoffen im Körper
Auf Kohlenhydrate verzichten: Das kann passieren
Klingt logisch: Wenn wir versuchen, als Low- (oder sogar No-)Carb-Anhänger komplett auf Kohlenhydrate zu verzichten, werden die gerade erklärten Prozesse gestört. Schließlich sind Kohlenhydrate wichtige NÄHRstoffe – und wir brauchen sie, um unseren Körper zu nähren und gut zu versorgen.
Die Empfehlungen, wie viele Kohlenhydrate man aufnehmen sollte, gehen relativ weit auseinander. Oft heißt es, etwa 60 Prozent der Nahrung sollten aus Kohlenhydraten bestehen, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät zu mindestens 50 Prozent. Dass es dabei nicht um weiße Brötchen, Pasta und Salzstangen geht, ist euch vermutlich schon jetzt klar…
Ich habe gelernt, dass man den Kohlenhydratanteil zwischenzeitlich auf zehn Prozent herunterfahren kann, ohne dass Stoffwechselstörungen auftreten. Zwischenzeitlich. Wer das dauerhaft versucht, wird die Folgen im Körper spüren.
Lebensmittel mit „guten Kohlenhydraten“
In einer Frauenzeitschrift habe ich letztens gelesen, dass Gwyneth Paltrow komplett auf Kohlenhydrate verzichte. Stattdessen esse sie nur Obst, Gemüse und hochwertiges Getreide. Was für ein Schwachsinn. Auch wenn ich persönlich noch nie mit Gwyneth Paltrow am Tisch saß: Natürlich isst sie Kohlenhydrate – und zwar in Form von Obst, Gemüse und hochwertigem Getreide. Denn natürlich enthalten diese Lebensmittel Kohlenhydrate. Und zwar in der „guten Form“.
Komplexe Kohlenhydrate sind enthalten in:
- Vollkorngetreide wie Dinkel, Naturreis, Buchweizen, Hirse usw. (und allen daraus hergestellten Produkten)
- Gemüse wie Möhren, Blumenkohl, Kartoffeln, Zucchini, Brokkoli, Kürbis usw.
- Obst wie Äpfel, Birnen, Pflaumen usw.
- Auch Hülsenfrüchte (also zum Beispiel Linsen und Kichererbsen) liefern neben Proteinen auch hochwertige Kohlenhydrate
Diese „guten Kohlenhydrate“ gehen nicht nur langsamer ins Blut – wenn wir sie durch diese Lebensmittel aufnehmen, bringen sie auch noch Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe mit. Und dass wir die brauchen, dürfte nicht zur Diskussion stehen.
Abnehmen durch Low Carb?
Natürlich ist das nur eine These. Aber ich persönlich gehe davon aus, dass die meisten Menschen, die auf Kohlenhydrate verzichten, um abzunehmen, nicht Dinkelnudeln oder Buchweizenpfannkuchen vom Speiseplan streichen. Sie lassen abends die klassische Pasta weg, nehmen die Chipstüte nicht auf die Couch, holen sich mittags einen Salat statt ein belegtes Baguette. Dass Low Carb nach diesem Prinzip dem Blutzuckerspiegel, dem gesamten Organismus und schließlich auch dem Gewicht gut tut: keine Frage.
Wer aber sowieso schon morgens einen Apfel mit Haferflocken frühstückt, mittags zwei Scheiben Dinkelvollkornbrot isst und abends eine Gemüsepfanne – der sollte sich wirklich keine Gedanken um Low Carb machen. Apropos abends: Sind Kohlenhydrate abends irgendwie „schlecht“? Ich habe mal eine Ernährungswissenschaftlerin interviewt, die den schönen Satz sagte: „Es gibt keine magische Formel, dass Essen morgens anders verstoffwechselt wird als abends.“
Natürlich gibt es verschiedene Theorien, dass in der Nacht der Fettabbau angekurbelt wird, wenn man abends keine Kohlenhydrate isst. Andere Wissenschaftler verweisen darauf, dass Proteine eine längere Verweildauer im Magen haben (und deshalb „schwerer im Magen liegen“), was den Organismus und alle Stoffwechselprozesse eher bremst – das würde eher für Kohlenhydrate am Abend sprechen. Was wirklich stimmt, ist umstritten. Vielleicht finden wir einfach selbst heraus, was für uns persönlich stimmt – und mit welchem Essen wir uns abends wohlfühlen.
Großartige Rezepte mit Kohlenhydraten
Ganz schön schwer – es gibt schließlich unendlich viele.
- Ziemlich gut klingt diese Quinoa-Pilz-Pfanne von „Tiny Spoon“. (Denn auch wenn wir heute nicht über Quinoa gesprochen haben: Das so angesagte Superfood-Korn liefert natürlich auch Kohlenhydrate. Verrückt, was?)
- Wie wäre es mal mit einem Curry, das sogar Reis und Kartoffeln (doppelte Ladung Kohlenhydrate) enthält? Gibt es bei Deliciously Ella.
- Und ja, es gibt auch Pizza, die ich guten Gewissens empfehlen kann. Eigentlich alles mit Dinkelmehl – wer mal eine vegane Variante testen will, nimmt dieses Rezept von Eat this.
Hallo Julia,
ich finde den Low-Carb-Trend ganz schrecklich. Vollkorngetreide sind ein guter Lieferant von B-Vitaminen, die unter anderem für starke Nerven sorgen und wer braucht das nicht in der heutigen Zeit. Wenn Low-Carb dann doch eher Low/No-Sugar und damit meine ich nicht nur den Zucker und die Produkte, in denen er überall versteckt ist (Fertigprodukte, nicht Obst). Sondern auch Weißmehlprodukte sollten werden. Denn sie enthalten kaum Vitamine aber auch keine Ballaststoffe und machen deshalb nicht lange satt und verursachen hohe Blutzuckerspitzen.
Super, dass du dich hier für die richtigen Kohlenhydrate aussprichst. Und weiter so mit deinen Themen. Ich lese deinen Blog sehr gerne 🙂
Liebe Grüße
Tanja
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Liebe Tanja,
danke für dein Feedback! Es freut mich, dass wir einer der Meinung sind – und was den Zucker angeht, gebe ich dir vollkommen recht!
Schön, dass dir meine Seite gefällt – ich freue mich hier über jeden Leser :-).
Viele Grüße
Julia
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